Ich komme ursprünglich aus Tschechien. Meine Familie ist gläubig, und meine Tante ist Volksschullehrerin und sucht jedes Jahr die Kinder und deren Begleitpersonen für die Dreikönigsaktion aus. Sie hat viel Arbeit damit, denn es ist nicht so leicht, in Tschechien Leute dafür zu finden und die Gruppen zusammenzustellen. Meine Mutter hilft jedes Jahr auch mit. Ich werde nie vergessen, als meine Mutter als einer der drei Könige angezogen war und zu mir und zu meinem damaligen Freund mit der Sammeldose gekommen ist. Das war in dieser Zeit, als ich schon in Vancouver (Kanada) gelebt habe. Ich musste am 6. Jänner mein Heimatdorf wieder verlassen und weiter fahren. Damals konnte ich aus zeitlichen Gründen bei der Dreikönigsaktion nicht mithelfen. Der letzte Tag zu Hause ist immer ganz besonders, zumal wenn man sehr selten (z. B. nur einmal pro Jahr) zu Hause ist. Die Zeiten sind zum Glück schon vorbei. Ich bin jetzt echt froh, dass ich nur 4,5 Stunden mit dem Auto nach Kvasiny brauche.
2018 hatte ich mich entschieden, bei der Dreikönigsaktion zu helfen. Meine Tochter Katharina war kurz davor drei Jahre alt geworden, und ich habe irgendwie gewusst, dass es zuviel für sie wäre. Daher habe ich die Unterstützung meines Mannes gebraucht. Katharina kommt sonst immer mit. (Oft ist sie das einzige Kind beim Sonntagsgottesdienst.)
Weil mein Mann aus Deutschland kommt und ich aus dem Nachbarland, verbringen wir jede Weihnachten mit viel zuviel Autofahren von einer Familie zu der anderen und dann zurück nach Klosterneuburg. Daher habe ich irgendwie die Probe für das Sternsingen verpasst.
Am 6. Jänner 2018 bin ich mit Katharina schon zeitig bei der Kirche St. Martin aufgetaucht. Es war sehr früh, ungefähr gegen 8 Uhr. Der Pfarrhof war schon voll. Überall habe ich die wunderschönen Könige und die Sterne gesehen. Bald habe ich drei Burschen, die schon als Könige angezogen waren, und ihre Eltern kennengelernt. Für Katharina haben wir auch königliche Kleidung gefunden, obwohl alles zu groß für sie war. Nach der Segnung sind wir in mein Auto eingestiegen und zu uns nach Hause am Ölberg gefahren. Die Burschen haben sich sehr gefreut, dass sie mit einem Audi fahren durften. Ich habe es sehr lustig gefunden, und gleichzeitig war ich auch sehr dankbar, dass Torsten so ein schönes Spielzeug für unsere Familie ausgewählt hat, das ich fahren darf. Die erste Station war bei Cheryl Schultze, meine liebe Nachbarin, die mir ganz viel mit allem Möglichen hilft und die auch viele Veranstaltungen in St. Martin mitorganisiert. Sie hat die Buben gleich mit einem Beutel für Süßigkeiten ausgestattet.
Das Wetter war akzeptabel: Es hat nicht geregnet, und es war nicht zu kalt. Am Vormittag haben wir auch Sonne gesehen. Das uns zugeteilte Revier war Türkenschanzgasse, Käferkreuzgasse und viele teure Adressen am Ölberg. Wir gingen brav von einem Haus zum anderen, und ich war echt überrascht, wie motiviert meine Könige waren. Die Buben haben auch super gesungen. Manche Leute haben uns geöffnet und waren lieb und nett. Mehrmals sind wir noch beim Weihnachtsbaum gestanden, und die Leute wollten, dass wir länger bleiben. Nicht alle Wünsche konnten wir erfüllen. Wir haben natürlich auch das andere Extrem erlebt, was uns aber die gute Laune nicht vergällt hat.
An diesem Tag habe ich viele neue Menschen kennengelernt. Die Leute, die uns geöffnet haben, haben einen gesegneten Aufklebezettel von uns bekommen. Meine Gruppe war in vieler Hinsicht erfolgreich. Wir haben am meisten Geld gesammelt. Ich hatte Recht damit, bei den größten und teuersten Häusern zu klingeln. (Würden Sie es glauben, dass manche Häuser eine Klingel haben, die einen Fingerabdruck benötigt? Wahnsinn, was man alles kaufen kann.)
Das Mittagessen hat die Pfarre St. Martin für uns organisiert. Wir waren die letzte Gruppe, die zu Mittag gekommen ist und haben trotzdem noch etwas zum Essen bekommen. Alle hatten großen Hunger.
Am Nachmittag haben wir sogar den Bürgermeister besucht und sein Haus gesegnet. Das war schon eine große Ehre und auch ein Erlebnis für unsere ganze Gruppe. Nach meiner Meinung, wohnt er in einem normalen Haus, wo man sich relativ leicht zurechtfindet. Als es dunkel wurde, haben wir langsam unseren Weg zurück nach St. Martin gefunden. Am Ende des Tages waren wir alle erschöpft und voller Erlebnisse. Die Eltern haben ihre „Könige“ wieder in der Pfarre abgeholt. Die Süßigkeiten und ein bisschen Taschengeld für die drei kleinen Könige wurden aufgeteilt.
2019 möchte ich wieder mitmachen. Vielleicht hilft mir Katharina und ihre afroamerikanische beste Freundin beim Singen. Das wäre genial.
Lenka Möller
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