Die vierte Kerze auf dem Adventkranz ist angezündet. Der heißersehnte 24. Dezember ist gekommen, und das große Warten aufs Christkind beginnt. Besonders für Kinder erscheinen die Stunden bis zur Bescherung endlos lange. Noch heute kann ich diese Spannung spüren – die Aufregung, die Vorfreude, ein Kribbeln überall auf der Haut, weil endlich der große Tag gekommen ist.
Diese besonderen Stunden bevor das Christkind kommt verbrachten meine Brüder und ich in der Kindheit mit unserem Opa. Er holte uns morgens ab, und wir fuhren gemeinsam nach Wien. Die große Stadt wirkte an diesem Tag noch spannender und lebendiger. Schon die Fahrt mit dem Bus und der U-Bahn war eine aufregende Reise. Jedes Jahr wählte Opa ein anderes Museum aus und besuchte es mit uns. Ich erinnere mich daran, dass es einmal das Uhrenmuseum war, und in einem anderen Jahr verbrachten wir unsere Zeit im Feuerwehrmuseum. Unser Opa lotste uns mit viel Geduld durch die alten Räume der Museen und bestaunte die Ausstellungen mit uns. Er hatte dieses großartige Verständnis für unsere kindliche Aufregung und begegnete dieser mit Humor und Lachen. Dadurch waren diese Besuche stets von Vorfreude auf das Weihnachtsfest erfüllt.
Einmal nach Beendigung unseres Museumsbesuches traten wir auf die Straße hinaus, und es schneite. Große Flocken, die langsam vom Himmel herabfielen, dieses schöne Bild, das in meiner Erinnerung auch heute noch einen perfekten Moment darstellt. Nach dem Museumsbesuch spazierten wir durch die Straßen der Wiener Innenstadt. Das geschäftige Treiben der Menschen begleitete uns, als Kind hatte ich das Gefühl, dass alle Menschen diese große Vorfreude spüren konnten und die Straßen von Spannung erfüllt waren. Es schien auch überall nach Weihnachten zur riechen, ein süßlicher Geruch, der durch die kalte Luft getragen wurde, und der Geschmack der Maroni, der dies unterstrich.
Am Nachmittag traten wir den Heimweg an, um die Familienkrippenfeier in St. Martin zu besuchen. Auch hier war die Weihnachtsstimmung in jede Ecke und Nische vorgedrungen. Kinder wuselten durch die Kirche, Erwachsene versuchten einen freien Platz zu ergattern. Lautes Murmeln erfüllte den Raum, Flüstern und Lachen begleiteten die mittlerweile fast unerträgliche Spannung der Kinder, die nervös auf ihren Plätzen hin und her rutschten. Auch meine Eltern stießen während der Feier zu uns. Nach Ende der Krippenfeier fuhren wir zu Oma und Opa, bevor wir zu uns nach Hause gingen. Oma hatte jedes Jahr den Tisch schön gedeckt, und Würstel und Kekse erwarteten uns – das traditionelle Essen zu Weihnachten. Wir warteten hier nun auf das Läuten der Glocke, welche die Bescherung ankündigte …
Das Warten aufs Christkind wäre in meiner Kindheit nicht dasselbe gewesen ohne die gemeinsame Zeit mit meinem Opa. Die Besonderheit dieser Stunden habe ich bis heute in meinem Herzen bewahrt, und dafür bin ich sehr dankbar.
Anna Kunyik
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